Vieles spricht dafür, dass der oft prognostizierte Durchbruch eines neuen, sicheren mobilen Zahlungssystems in Deutschland im Jahr 2013 endlich Realität wird. Denn seit Mitte Mai können bereits Kunden in allen 4.000 Filialen der Edeka-Tochter Netto mobil bezahlen. Der Discounter übernimmt damit die Vorreiterrolle im Lebensmitteleinzelhandel – vor den Konkurrenten Rewe, Metro und Aldi-Gruppe. Am 28. Mai zog auch Edeka selbst nach: Seit diesem Tag bieten die genossenschaftlich organisierten Lebensmittelhändler zunächst in mehr als 100 Berliner Filialen das mobile Bezahlen per Smartphone-App an, um die Zahlungsprozesse an der Kasse zu optimieren und den Kunden ein bequemeres und einfaches Einkaufserlebnis zu bieten. Im Laufe des Jahres sollen dann alle 11.700 Edeka-Märkte bundesweit das Bezahlen mit Smartphone an der Kasse anbieten.
Mit über 40.000 Kassen in fast 15.000 Lebensmittelmärkten bei Netto und Edeka zusammen werden den Verbrauchern in Deutschland in den nächsten Jahren dann mehr Akzeptanzstellen für mobiles Bezahlen zur Verfügung als in allen anderen Ländern Europas. In der Edeka und Netto-App-Lösung, die von der IT-Firma Valuephone (http://www.valuephone.com) entwickelt wurde, ist die Zahlungsfunktion für die Betriebssysteme iOS, Android und Windows-Phone integriert.
App-Lösung auf Basis einer etablierten und allgemein akzeptierten IT-Sicherheitsarchitektur
Im Gegensatz etwa zu Micropayment-Lösungen basiert diese App-Lösung nicht auf der noch unerprobten NFC-Technologie (Near Field Communication)*, sondern funktioniert stattdessen über den Austausch von PIN und von IDSs zwischen Kunde und der Einkaufs-App einer Handelskette, die mit einer mobilen Transaktionsnummer (mTAN) vergleichbar ist. Dabei wird der gesamte mobile Zahlungsvorgang innerhalb eines in sich geschlossenen Systems abgewickelt, in dem keine PINs oder sonstige Transaktionsdaten gespeichert und deshalb auch nicht ausgelesen werden können. Die zur Legitimierung des Zahlungsvorgangs temporär erzeugte ID ist – ähnlich wie im Online-Banking – nur fünf Minuten gültig. Die von valuephone in Kooperation mit dem Bonner Finanzdienstleister Deutsche Post Zahlungsdienste GmbH betriebene Mobile Payment-Lösung basiert also auf einer etablierten und allgemein akzeptierten IT-Sicherheitsarchitektur, die sich schon seit langem im Zahlungsverkehr mit EC-Karten und im Online-Banking bewährt hat. Dabei übernimmt die valuephone GmbH die Rolle des „Mobile Payment Service Enabler“, der die Kommunikaktion zwischen dem Handy des Kunden und der Kasse im Supermarkt steuert, während der Bonner Finanzdienstleister Deutsche Post Zahlungsdienste GmbH (DPZ) als „Mobile Payment Service Provider“ fungiert, der die technischen Prozesse zwischen dem Handel und dem Konto des Kunden – also den Zahlungsverkehr mit seinen Debit- und Kreditkartenkonten – abwickelt.
Mehrwert durch die Kombination aus Mobile Couponing und Payment
Neben dem hohen Sicherheitsniveau machen die Lebensmitteleinzelhändler ihren Kunden die „Edeka-App“ noch mit anderen Vorteilen schmackhaft. Denn um das Einkaufserlebnis deutlich zu verbessern wird die integrierte Mobile Payment-Funktion der Smartphone-Anwendung noch mit einer Mobile Couponing-Funktion, einem Filialfinder sowie einem digitalen Einkaufszettel kombiniert. Dafür lässt sich die App sogar personalisieren: Auf diese Weise haben Edeka-Kunden die Möglichkeiten, einen oder mehrere Märkte als Favoriten zu hinterlegen, von denen sie mit Informationen und Neuigkeiten über dort geltende Aktionen und Angebote versorgt werden, die sie dann ohne lange Suche direkt aufrufen und nutzen können.
„Immer mehr Verbraucher nutzen Smartphones. Unsere Edeka-Kaufleute bieten ihnen jetzt
einen exklusiven Mehrwert“, so Dr. Michael Wulst, Vorstand IT und Logistik der Edeka AG. „Den Service werden wir noch in diesem Jahr Schritt für Schritt auf weitere Metropolen in Deutschland ausweiten,“ kündigt Dr. Wulst an. Auch in Hamburg seien bereits erste Edeka-Märkte am Start.
Für den Kunden ist der Bezahlvorgang per App einfach und sicher gestaltet
Nachdem der Kunde die App aus dem App-Store heruntergeladen hat, muss er noch die Zahlfunktion auf seinem Smartphone aktivieren. Anschließend wählt er einen Markt des Einzelhändlers aus, der die mobile Payment-Lösung von valuephone und Deutsche Post Zahlungsdienste einsetzt, und speichert ihn als Favoriten ab. Danach durchläuft der Kunde einmalig einen mehrstufigen Anmeldeprozess, an dessen Ende er eine vierstellige persönliche PIN wählt. Nach Abschluss dieses Registrierverfahrens kann er das bargeldlose Zahlverfahren sofort nutzen. Dafür ruft er dann an der Kasse die Funktion „Bezahlen und Coupons einlösen“ auf und gibt zur Authentifizierung seine persönliche PIN in die Einkaufs-App ein. Der nun von der App generierte Barcode wird vom Kassierer gescannt – und der Bezahlvorgang ist innerhalb weniger Sekunden abgeschlossen. Die PIN kann der Kunde bereits eingeben, während er noch in der Schlange wartet – an der Kasse wird nur noch der Barcode gescannt.
Nach erfolgreichem Zahlvorgang wird der generierte Barcode sofort ungültig. Wichtig für Akzeptanz und Vertrauen der Konsumenten ist auch, dass ihre Kontodaten den Händlern bei dieser Mobile Payment-Lösung nicht bekannt sind.
Bei einem gestohlenen Mobiltelefon wird die missbräuchliche Nutzung der mobilen Bezahlfunktion durch die notwendige Eingabe der PIN verhindert. Nach dreimaliger Falscheingabe wird außerdem die Mobile Payment-Registrierung gelöscht. Bei Verlust seines Smartphones kann sich der Kunde online in das Web-Portal von valuephone einloggen und sein Telefon „abmelden“. Damit wird die Bezahlfunktion für unbefugte Dritte wertlos, da keinerlei sicherheitskritische Daten auf dem Telefon gespeichert werden und so auch keine Kommunikation mit dem valuephone-System in irgendeiner Art mehr möglich ist. Die auf dem Telefon verbleibende Anwendung ist dann nichts weiter als ein leerer virtueller „Container“. Auch die Deutsche Post Zahlungsdienste betreibt zusätzlich eine Sperrhotline, die telefonisch rund um die Uhr erreichbar ist.
Bezahllösung „Made in Germany“ – ohne Banken und Kreditkartenunternehmen
An der von Edeka und Netto eingesetzten Lösung fallen drei Dinge besonders auf: Erstens haben beide Handelsketten verschiedene Verfahren gewählt. Während Netto ohne zusätzliche Investitionen in Hardware an der Kasse auf das PIN-Verfahren setzt, ist bei Edeka das Barcode-Scannen möglich. Den hierfür benötigten Scanner müssen die Märkte aber zum Teil noch beschaffen. Trotz dieses Detailunterschieds nutzen beide Lösungen die gleiche IT-Plafform und –Infrastruktur zweier miteinander kooperierender deutscher Technologieunternehmen.
Zweitens sind weder der kalifornische Payment-Anbieter PayPal noch das schwedische Unternehmen iZettle Partner der beiden deutschen Handelsriesen, sondern die beiden Unternehmen Valuephone und Deutsche Post Zahlungsdienste (DPZ), die jeweils ihren Hauptsitz in Deutschland haben. Bemerkenswert ist zum Dritten, dass zwei vergleichsweise neue Anbieter dabei sind, mobiles Bezahlen flächendeckend in Deutschland einzuführen – und nicht die das Zahlungsgeschäft dominierenden traditionellen Geldinstitute. In diesem Geschäftsfeld der Zukunft scheint sich also der Markt völlig zu verschieben, die Banken und Kreditkartenunternehmen verlieren ihren direkten Kontakt zum Kunden. Installationen wie bei Edeka und Netto zeigen auch warum: bei mobile Payment geht es (zumindest in den Industrieländern) nicht um die Neuerfindung des Zahlungsverkehrs, sondern um „die Rückkehr des Kunden“ oder die Wiederbelebung des stationären Handels, wie es unlängst ein Wirtschaftsmagazin formulierte. Im Wettstreit zwischen stationärem und Online-Handel könnte die mobile Kundenkommunikation zur verbindenden Brücke zwischen beiden „Welten“ werden. Mobile Payment ist dabei ein ganz wesentlicher Baustein.
Größenverhältnisse im deutschen Handel, Marktanteile Supermärkte
(Food und Non-Food), Stand 2011
EDEKA-Gruppe 21,2 %
Rewe-Gruppe 16 %
Metro 13,5 &
Schwarz Gruppe 12,9 %
Aldi 11,1 %
Andere 25,3 %
(Quelle: brandeins, Mai 2013)
* NFC (Near Field Communication) ist ein Standard zum kontaktlosen Datenaustausch über kurze Strecken von bis zu 10 cm und einer Datenübertragungsrate von maximal 424 kBit/s, der vor allem im Micropayment – bei bargeldlosen Zahlungen kleiner Beträge – eingesetzt wird. In Deutschland wird die Technik beispielsweise von den Sparkassen unter dem Namen girogo zur Zahlung von Summen bis zu 20 Euro angeboten und von der Deutschen Bahn in ihrem ‚Touch&Travel’-System eingesetzt.
(Quelle: Wikipedia)